Die Ereignisse der letzten Stunden, der letzten Tage und Wochen und Monate, machen mich wütend. Wütend, aber vor allem verständnislos. Und ich kann nicht schon wieder ruhig sein. Ich kann nicht schon wieder nichts sagen, obwohl genau das wäre, was ich an dem heutigen Tag gerne machen würde. Was ist los mit unserer Welt?
Ich bin ein Mädchen. Ein Mädchen, das in seiner Kindheit nie hungern musste, das sich sogar aussuchen durfte, was auf dem Teller landet. Ein Mädchen, das einzig mit Liebe großgezogen wurde, und für die Gewalt ein Fremdwort war. Ein Mädchen, das zur Schule gehen durfte und das sich selber aussuchen durfte, welchen Schulweg sie wählt. Ein Mädchen, dem nach der Matura alle Wege offen gestanden sind. Ein Mädchen, das selbst entscheiden darf, wie sie sich anzieht, wie sie sich ernährt, welche Wege sie geht. Ein Mädchen, das sich auch den Freund selbst aussuchen durfte und sich mit diesem auch in der Öffentlichkeit Händchen haltend zeigen darf. Ein Mädchen, das darüber nachdenkt, ob sie heute Sneakers oder Stiefeletten zum Spazierengehen anzieht. Ein Mädchen, das frisch für ihren Hund kocht, weil sie von allem genug hat. Ein glückliches Mädchen, aber auch ein Mädchen, das genug von allem hat.
Genug von all dem Hass, von all den Streitereien und all dem Unrecht in der Welt. Genug von Terrorismus, Überfällen, Vergewaltigungen und Hinrichtigungen. Überall hört man, man dürfe keine Angst haben, weil Angst ist genau das, was die Terroristen hervorrufen wollen. Habe ich Angst? Natürlich! Und ich kenne keinen Menschen, der auch nicht nur das kleinste bisschen Angst hat, vor all dem, was sich seit Jahren in unserer Welt aufgebaut hat, und momentan stattfindet. Ich weiß, es hat immer schon Hass, Mord und Totschlag gegeben. Als Österreicher ist einem Fremdenhass in der Geschichte ja nicht wirklich unbekannt. Trotzdem kommt es mir momentan so nah und wirklich vor, wie noch nie. Ist ja auch ganz logisch. Bei den Terroranschlägen in New York war ich noch ein kleines Kind, zum ersten und zweiten Weltkrieg noch nicht auf der Welt, und zu allem was davor und rundherum um die Zeit schlimmes passiert ist, schon gar nicht.
Aber ich lebe im hier und jetzt und heute bin ich lebendiger denn je. Ich bin jung, abenteuerlustig, neugierig – und würde gerne, wie meine Schwester, die halbe Welt erkunden. Warum ich es nicht einfach mache? Weil ich von Grund auf ein ängstlicher Mensch bin und einfach Angst habe. Ich habe Angst vor einem Mexiko Urlaub, weil ich zu oft Turistas gesehen habe, und Angst habe, man würde mich betäuben, entführen und mir meine Organe entnehmen, um sie für illegalen Organhandel benützen zu können. Ich will nicht nach Chicago, weil mir die Crime Rate zu hoch ist. Ich traue mich nicht, weit ins Meer hinaus zu schwimmen, aus Angst vor Haiangriffen (Danke, Jaws.). Ich traue mich ja nicht mal bei unserem eigenen gepachteten Fischteich in die „Hechtecke“ aus Angst, sie würden mir die Zehen abknabbern. Ich traue mich nicht nach Frankreich und Belgien, weil die Terrorwarnstufe auch in meinem Kopf höchste Warnstufe auslöst. Und in Länder wie Ägypten, Türkei oder Tunesien trau ich mich momentan sowieso nicht. Warum? Ok, ich glaub ihr habt es schon bei dem Hechtpunkt erraten – JA, ich bin verdammt nochmal ein ziemlich großer Schisser. Ich schlafe mit Nachtlicht und wenn ich einmal Criminal Minds schaue, trau ich mich zwei Tage lang nicht mehr alleine aufs Klo. Wie soll ich mich da also mit Dingen herumschlagen können, die im richtigen Leben wahrhaftig stattfinden? Mit hasserfüllten Menschen, die ohne driftigen Grund hunderte von Menschen kaltblütig ermorden? Wie soll ich ohne Angst in ein Flugzeug steigen, nach Filmen wie Non-Stop, Air Force One – oder auch nur Flight? Wie soll ich je die Beweggründe eines Terroristen verstehen?
Wir sind eine Generation der Jammerlappen, habe ich letztens wo gehört. Sind wir das? Ich glaube viel eher, dass wir eine Generation der Träumer und der Kritiker sind. Nie war es so einfach, seine Meinung laut hinaus zu schreien, und von tausenden Menschen gehört zu werden, wie heute. Aber warum nutzen das so wenige? Aus Angst? Ich gebe offen zu, dass ich Angst habe. Ich habe Angst vor vielen Dingen, aber ich hab keine Angst zu träumen und ich habe keine Angst, auch offen meine Meinung zu sagen. Ich träume wie John Lennon von einem Leben ohne Hölle, einem Leben ohne Gewalt, Religion, Hass und Hunger. „You may say I’m a dreamer, but I’m not the only one.“ Lasst mich nicht alleine träumen, macht unsere Generation stolz. Und vor allem – hört auf mit all dem Hass, sei es dem Nachbarn, dem Fremden, oder dem Flüchtling gegenüber. Hört auf, damit meine Kinder in einer Welt ohne Gewalt aufwachsen können, wenn ein Zusammen doch immer um so viel einfacher ist als ein Gegeneinander. Zusammen.
5 Kommentare
[…] ich ein sehr ängstlicher Mensch bin und wisst vielleicht auch, womit man mir Angst machen kann (Beitrag: Angst.). Ihr wisst, dass ich Topfen Schokolade jederzeit vorziehen würde. Ihr wisst, dass ich Fisch, […]
Hallo, interessanter Post.
Ich war Samstag in der SCS, habe mich wirklich auf einen Mutter-Tochter-Tag gefreut. Aber schon beim Eintreten wurde mir die Freude genommen: Polizisten, beide mit Maschinengewehren bewaffnet, standen vor dem Eingang.
Weißt du, ich mag Kriegsfilme wirklich gerne – irgendwie zeigen sie die Vergänglichkeit des Lebens, sie schockieren und trotzdem machen sie glücklich, wenn alles gut endet. Aber ich sage dir, wie die beiden da einfach so auf dich zukamen, haben sie wirklich Angst eingeflößt. Abgesehen davon, dass ich kaum vermute, dass jemand dort einen Anschlag plant, war es wirklich unheimlich.
ja, natürlich bin ich ein sehr ängstlicher Mensch und habe immer schon damit meine Probleme gehabt (mehr dazu möchte ich hier öffentlich aber nicht schreiben) aber mehr Spaß hat das Shoppen dann auch nicht gemacht.. Nah, da hat dann nur ein langer Stopp in der Tierhandlung geholfen mit inklusive Welpenschau (obwohl die mir ja immer so leid tun in ihren Containern) und Hasi-streicheln, Mäusehandhalten und Vögelgezwitscher hören.
Was auch immer los ist, wir werden das schon irgendwie überstehen – und vielleicht das ganze retten?
„The earth isn’t dying, it’s being killed and those who are killing it have names and addresses“
Es gibt viele böse Menschen, aber es gibt viel viel viel mehr tolle, lebenslustige, gute Menschen. Wir schaffen das!
Und wenn ich noch eins sagen darf, als der ängstliche Mensch, den ich je kennengelernt habe:
FEAR IS A LIAR! – es ist niemals so aussichtslos, wie es manchmal scheint. nicht so unheimlich, wie es wirkt.
Liebe Angie, fühl‘ dich umarmt.
Alles Liebe.
Ohje! Da hätte ich auch verdammt viel Angst! Ich mag sowas gar nicht. Bei „normalen“ Polizisten fühlt man sich ja meist sicherer. Aber bei so schwer bewaffneten! Kann dich also durchaus verstehen… Und mir hilft Tierchen streicheln auch immer enorm. Hoffe du konntest deinen Tag dann trotzdem noch recht genießen!!! Drück dich!
Sehr sehr schön geschrieben und so wahr!! :)
Hallo liebe Angie,
Es ist wirklich schön, dass du so offen über deine Gefühle schreibst!
Besonders dass du ein Thema ansprichst, über das, meiner Meinung nach, nicht häufig gesprochen wird.
Bloß keine Angst zeigen und schon gar nicht drüber sprechen…
Es ist so traurig zu sehen, wozu Menschen in der Lage sind und es ist mir unbegreiflich, warum (und wie man überhaupt damit Leben kann) man so viel Hass verbreiten muss…
Vielleicht haben wir alle nur ein Leben, vielleicht werden wir auch wiedergeboren; woran jemand glaubt, muss jeder für sich selber entscheiden.
Aber unsere Zeit, die wir in unserem jetzigen Körper verbringen dürfen, ist begrenzt und es ist schade, wenn wir diese zeit nicht genießen können und das machen können, was wir gerne würden.
Angst ist menschlich und ich glaube, dass wir das Gefühl Angst kennen und ausleben sollten, um glücklich zu sein. Aber ich glaube auch, dass wir uns von unserer Angst nicht unterkriegen lassen sollten.
Könnte der Sinn von Angst nicht sein, dass wir über uns hinauswachsen sollen? Stärker werden?
Ich möchte deine Angst auf keinen fall als ein kleines Gefühl hinnehmen (es scheint dich ja wirklich sehr zu beschäftigen, wenn du dazu so einen persönlichen Beitrag darüber schreibst), aber ist es nicht schade, dass du in deinem Leben Sachen nicht machen kannst, nur weil du zu viel Angst hattest?
Es ist schade, dass die Welt sich (anscheinend immer wieder) in eine harte, grausame Welt verwandelt. Nein, eigentlich ist es ja nicht die Welt, sondern wir Menschen.
Es ist unglaublich schade, dass Menschen und ihre verursachten Geschehnisse einen junge Frau so verängstigen, dass sie manche Dinge nicht mehr machen möchte, die sie eigentlich gerne machen würde.
Die Welt scheint grausam zu sein, aber die Frage ist doch, wie wir damit umgehen und wie sehr wir unser Handel danach richten.
Angst ist gut und menschlich, aber ich bin der Meinung, dass wir uns von ihr nicht unser lebenslang lenken sollten.
Der Song von John Lennon ist übrigens einer meiner Lieblingssongs :)
Auch hier ist eine weitere Träumerin, die findet, dass zahlen und fakten den Zauber und die Magie der Welt zerstört und die von einer friedlicheren Welt träumt, in der wir alle gemeinsam Leben und einander unterstützen und helfen, egal, wer wir sind oder woran wir glauben.
Vielen Dank für deinen schönen und persönlichen Beitrag, der mich am Abend noch zum nachdenken anregte.
Ich wünsche dir eine schöne Woche und alles Liebe!
Miriam