Relativ spontan und unvorbereitet sind wir ja vor ein paar Wochen nach Norwegen abgehauen. Wir wollten beide unbedingt im Jänner, beziehungsweise über Silvester für zweieinhalb Wochen mit dem Campingbus weg, waren uns aber bis zum Ende sehr unsicher wohin’s gehen soll. Silvester wollte unbedingt nach Norwegen, ich war skeptisch, weil: Dunkel, kalt, schwierig, zu wenig Zeit. Letztendlich ist es dann aber wirklich Norwegen geworden und heute mag ich euch meine Pros und Kontras für eine Reise im Winter in Norwegen mit dem Campingbus aufzählen.
Winter in Norwegen mit dem Campingbus –
JA, UNBEDINGT.
Menschenleere Plätze
Die Hauptsaison für Norwegen ist von Juni bis August, die Nebensaison März bis Mai und September bis November. Dezember, Jänner und Februar werden für Urlaub in Norwegen eigentlich nicht mal angegeben und ja, mittlerweile weiß ich auch wieso das wahrscheinlich so ist. Dazu aber unten mehr. Also: Überall, wo man hinkommt, ist man alleine. Wir waren an ganz vielen schönen Orten, immer menschenseelenallein. Natürlich sieht man auf Tankstellen oder in Supermärkten auch Einheimische, aber von Touristen fehlt jede Spur. In großen Städten wie Bergen oder Oslo gibt’s auch im Jänner ein paar Reisende, aber in den Nationalparks oder sonstigen Naturplätzen ist man einfach alleine. Das hat schon wirklich was, besonders wenn man, wie ich, nicht gerne viele Menschen um sich hat.
Schlafplatz-Freiheit
Der Fakt, dass keine anderen Menschen im Jänner in Norwegen sind begünstigt natürlich auch, dass man absolut freie Auswahl bei der Schlafplatz-Suche hat. In Norwegen gilt ja das Jedermannsrecht und man darf fast überall frei mit dem Camper stehen – das ist grandios. Ich hab aber schon ganz oft gehört, dass in der Hauptsaison, dann doch schon so viele Camper in Norwegen sind, dass man Glück haben muss, beziehungsweise schon mittags wo anreisen muss, um noch einen halbwegs schönen Platz zu finden. Die Sorge hatten wir nicht. Jeder Platz war frei. Die schönsten Schlafplätze, an Seen, an Wasserfällen, Platz für 40 Vans und – wir waren dort alleine. Campingplätze, bekanntere, große und kleine, n i e m a n d. Das ist wunderbar und entspannt natürlich auch, weil man sich eh sicher sein kann, dass man Platz zum Schlafen findet (zumindest was Konkurrenz durch andere Menschen angeht) und nach einem anstrengenden Wandertag auch mal seine Ruhe hat.
Schnee und Wetterüberraschungen
Als Schneeliebhaberin ist Norwegen im Winter atemberaubend. Fast alle Seen sind zugefroren und einige so „bearbeitet“, dass man darauf eislaufen kann. Schnee EN MASSE. Nicht überall, aber fast. Man findet den Schnee in Norwegen garantiert und wenn man ihn an einem Ort nicht hat fährt man einfach eine Stunde weiter und dann ist er auf einmal da. Das Wetter in Norwegen ändert sich so schnell und die Norweger selbst sagen man kann an einem Tag in Norwegen alle vier Jahreszeiten erleben: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Den Sommer haben wir nicht erlebt, aber alles andere auf jeden Fall. Den tiefsten Winter mit -22 Grad und Winter Wonderland, Frühlingsmomente bei +14 Grad, blauem Himmel und Sonnenschein und Herbstwetter bei Nebel, Nieselregen und +7 Grad. Es bleibt auf jeden Fall immer spannend.
Polarlichter und Himmelsspektakel
Wir sind ja nur bis Trondheim gefahren, also war die Chance Nordlichter zu sehen sehr gering, da wir zu weit südlich waren. Prinzipiell hat man die Chance auf Nordlichter aber von Dezember bis März – also auch nur im Winter. Höhere Regionen eignen sich besser, die Wetter- und Himmelsbedingungen müssen passen. Wir haben keine Nordlichter gesehen, aber polare Stratosphärenwolken, die ich fast noch cooler fand. Wir haben ja in Island schon mal Nordlichter gesehen und Nordlichter sind richtig cool, aber wenn sie nicht so richtig intensiv sind, dann sind die auf Fotos nachbearbeitet um einiges schöner als in Natura. Diese Polaren Stratosphärenwolken waren jedoch arg, so richtig arg! Wir haben sowas beide noch nie gesehen, auf einmal hat der Himmel alle Farben des Regenbogens ausgestrahlt und es hat sich das schönste Himmelsbild ergeben, das ich je gesehen habe. Auch in Natura noch beeindruckender, als auf Fotos, aber immerhin. Himmelsspektakel finden in Norwegen vor allem im Winter statt. Deshalb: Winter in Norwegen mit dem Campingbus – ja, ja, ja!
Winter in Norwegen mit dem Campingbus –
nein, lieber nicht.
Lange Dunkelheit, wenig Sonne
In Norwegen spielt ja Mitsommer und Polarnacht eine ganz andere Rolle, als bei uns. Ganz im Norden von Norwegen kommt die Sonne im Winter gar nicht raus und es wird quasi nicht „Tag“. Im Sommer geht die Sonne dafür nie unter und es ist 24/7 hell. In Mittel- und Südnorwegen ist es nicht so schlimm, aber auch da ist es im Winter länger dunkel, als wir es in Österreich oder Deutschland gewohnt sind. Silvester und ich haben da am Anfang oft drüber geredet und beide felsenfest überzeugt gesagt: „Neeee, immer hell, das ist ja schrecklich, das bringt den Schlafrhythmus so durcheinander, das können wir nicht. Lieber länger dunkel.“ Dann waren wir also im Winter, bei längerer Dunkelheit, in Norwegen und hatten wirklich Probleme damit. Zum Teil ist die Sonne erst um 10 Uhr aufgegangen, und dann ab 11 circa war es richtig hell, ab 14 Uhr ist es dann schon wieder dämmrig geworden, um 15:30 war die Sonne untergegangen. Das ist schwierig, besonders wenn man es gewohnt ist mit der Sonne aufzustehen und sich langsam in Abendstimmung begibt, wenn die Sonne untergeht. Wir waren quasi dauerhaft müde, sind in der Früh nicht wirklich in die Gänge gekommen und haben uns um 16 Uhr nachmittags gefühlt als wär es 20 Uhr und eh bald Schlafenszeit.
Viele „Hot Spots“ machen Winterpause
Es hat schon einen Grund, warum die meisten Reisenden in den gängigeren Monaten nach Norwegen fahren. Im Jänner waren viele Wege gesperrt, viele Wanderungen sind entweder wirklich gesperrt oder werden nicht (ohne Guide) empfohlen, Cafés und sonstige Plätze sind geschlossen. Vieles, das vermeintlich Norwegen ausmacht, sieht man also nicht. Wenn man schon mal in Norwegen war, super. Dann hat man das alles ja wahrscheinlich schon mal gesehen und gemacht. Natürlich ist’s bei Schnee dann noch einmal etwas Anderes, aber es ist nicht so schlimm, wenn dann mal der eine oder andere Ausflug flach fällt. Ist man zum ersten Mal in Norwegen hat man aber schon das Gefühl ein paar wirklich schöne Dinge zu „verpassen“.
Straßensperren, Gefahr!
Ganz viele Straßen sind im Winter in Norwegen gesperrt und gar nicht befahrbar. Eh klar – wie soll denn zum Beispiel so eine Berg-Panoramastraße wie Trollstigen im Winter geräumt und befahrbar und sicher gemacht werden, vielleicht rund um die Uhr, weil immer wieder Schnee und Eis nachkommt. Also viele der schönen, bekannten Panoramastraßen kann man nicht fahren – muss man natürlich auch bei der Routenplanung bedenken. Auch die Hauptstraßen, die geräumt und befahrbar sind, sind zum Teil wirklich gefährlich und eigentlich eine Zumutung. Silvester ist ja gottseidank ein sehr erfahrener Autofahrer, aber ich hatte zum Teil wirklich Angst, bei zentimeterdicker Eis- und Schneeschicht, Schneesturm, null Sicht. Ja, das ist schon ein Erlebnis.
Auch sonst Vieles „Out of Office“
Nicht nur Sehenswürdigkeiten, Wanderrouten und Straßen machen “Winterpause” – auch viele Serviceinstallationen, die es in Norwegen ja en masse gibt, kann man im Winter nicht nutzen. Entweder überhaupt geschlossen oder Wasser abgedreht (weil das ja sonst zufriert), war auf jeden Fall keine Seltenheit.
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Was soll ich sagen – Winter in Norwegen mit dem Campingbus hat sehr viele Vorteile aber auch viele Nachteile. Ob wir froh sind, dass wir das so gesehen und erlebt haben? Ja, definitiv. Würden wir nochmal im Jänner nach Norwegen fahren? Nein, sehr wahrscheinlich nicht. Wir haben beide gesagt, dass wir das nächste Mal gerne im März auf die Lofoten wollen würden, da ist’s immer noch sehr winterlich (das hat uns nämlich relativ wenig gestört), aber es gibt schon wesentlich mehr Licht, aber immer noch Chance auf Polarlichter und sonstige Himmelsspektakel. Hauptsaison, also Juli oder August würde ich nicht machen wollen, Nebensaison seit dieser Reise schon. Also. Der Winter in Norwegen mit dem Campingbus war definitiv ein Erlebnis, das ich froh bin, gemacht zu haben, aber nicht unbedingt wiederholen muss. Aber Norwegen? Wir sehen uns bestimmt bald wieder.
12 Kommentare
Wie gehen bitte Nachhaltigkeit und Herumfahren mit dem Bus zusammen?!!!
Wo hab ich denn geschrieben, dass mit dem Bus rumfahren nachhaltig ist?
Ich erwähne oft genug, dass Transport bei mir der Punkt ist, bei dem ich mir zwecks Nachhaltigkeit am schwersten tue.
Mich vegan ernähren, nur fair oder Second Hand einkaufen, zum größten Teil regional und bio einzukaufen, Naturkosmetik zu verwenden, wenn möglich kein Plastik nutzen etc. das fällt mir leicht und das setze ich auch um. Thema Transport ist schwieriger – weil sowohl mein Mann als auch ich sehr gerne reisen und meine Schwester am anderen Ende der Welt wohnt.
Dennoch ist es nachhaltiger mit dem Bus irgendwohin nach Europa zu fahren, Wasser zu sparen, keinen Strom zu verbrauchen (wir haben ne riesige Solar am Dach), regional vegan zu essen, als irgendwohin weit mit dem Flugzeug zu fliegen, in einem Luxushotel abzusteigen und vielleicht am besten nur für 5 Tage weil mehr Zeit hat man nicht.
Also wie gesagt – ich weiß, dass das ein berechtigter Kritikpunkt ist, den ich auch nachvollziehen kann –
ich hab aber nie behauptet, dass es nachhaltig ist, dass ich mit dem Bus reise.
[…] wollt – und allen Ländern, die ihr dabei durchquert – gelten. Für England und Norwegen waren die Regelungen gleich. Ein Mikrochip, eine gültige Tollwutimpfung (die in einem bestimmten […]
[…] sind außen rund um die Berge gefahren, weil, wie ich euch in diesem Beitrag schon erzählt hab, Winter in Norwegen einfach nochmal etwas Anderes ist. Straßensperren und […]
Danke für deinen Beitrag.. bin gerade am Planen unserer Reise mit dem VW Bus .. wir werden im April ca. 3,5 Wochen reisen..
Kannst du noch etwas empfehlen an das wir beim Packen unbedingt denken müssen?
Sehr schöner Blog :)
Alle Liebe
Jenny, Philipp & Chloe (unser Hündchen … )
Warme Kleidung – April kann definitiv noch sehr kalt und verschneit sein.
Also eventuell auch Schneeketten mitnehmen, falls ihr welche habt.
Habe von Einheimischen gehört dass sie oft noch im April mit Schnee überrascht werden. :)
[…] Winter in Norwegen mit dem Campingbus >> Angie schreibt warum ihr auch im Winter im Camper Urlaub machen könnt und was das sogar für Vorteile bringt. Untermalt mit wunderschönen Winter-Bildern aus Norwegen. […]
[…] Also definitiv alles richtig gemacht. Silvester und ich haben, wie oben schon erwähnt, in Norwegen sehr viel Zeit mit den Wauzis kuscheln im Bett verbracht und hatten somit viel Zeit die Bettwäsche […]
Das war ein seeehr schöner Beitrag – danke für das Teilen deiner Erfahrungen :)
Danke dir fürs Lesen!
Ich fahr im Februar nach Norwegen, zwar nicht mit dem Campingbus, aber der Post war trotzdem hilfreich (und hat meine Vorfreude auf alle Fälle gesteigert!) Danke!
Viel Spaß! :))