Fair Fashion – Wieso, weshalb, warum?
Seit 2016 beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema Fair Fashion und habe H&M, Primark, Zara und co. den Rücken zugewandt. Ich hab viel darüber gelesen, die Dokumentation „The True Cost“ über den Rana Plaza Fabrikeinsturz bei dem 1100 Menschen gestorben und 2500 Menschen verletzt worden sind, hat mir schließlich so richtig die Augen geöffnet. Ich wollte nicht mehr für das Leid anderer Menschen verantwortlich sein, wollte nicht, dass andere Menschen ausgebeutet werden und unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen, nur damit ich zu jedem Anlass ein neues Kleidchen um 20 Euro im Kleiderschrank hängen habe, zweimal anziehe, um dann wieder etwas Neues zu kaufen. Vor ein paar Monaten habe ich dazu in einem Radiosender ein Interview gegeben und viel recherchiert. Heute möchte ich euch ein paar dieser Dinge näher bringen.
Was versteht man eigentlich unter Fair Fashion?
Faire Mode oder Fair Fashion ist Kleidung, die unter „fairen“, ökologisch korrekten Bedingungen hergestellt wurde .
Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Unter anderem müssen Menschen, die die Kleidung produzieren…
… grundlegende Rechte haben, selbstbestimmt agieren, von der Arbeit, die sie machen, auch leben können und keine gesundheitlichen Einbußen durch die Arbeit haben
Zudem müssen Arbeitszeiten geregelt sein, Kinderarbeit ist Tabu, genauso wie Diskrimination aufgrund der Religion, Rasse oder Herkunft.
All das sollte, in einer perfekten Welt, natürlich Standard sein, ist es aber leider nicht. Deshalb sagen immer mehr Menschen den Fast Fashion Labels den Kampf an und setzen auf faire Mode.
Gibt es Zertifikate, um faire Modelabels zu erkennen?
Ja, es gibt verschiedene Zertifikate, an denen man faire Mode erkennt. Hier muss man aber immer abwägen – es gibt natürlich auch viele kleine Marken, die sich diese Zertifikate nicht leisten können, deshalb aber nicht weniger gut sind. Im Regelfall und bei größeren Marken kannst du aber folgenden Zertifikaten vertrauen:
Fair Trade (für Lebensmittel aber auch zB Baumwolle)
stellt unter anderem sicher, dass der Mindestpreis für Baumwolle gezahlt wird und auf bestimmte Pestizide verzichtet wird, auch menschenwürdige Arbeitsbedingungen werden sichergestellt
GOTS Standard (Global Organic Textile Standard)
Stark anerkannter Bio Standard für Textilien
Hier werden alle Arbeitsschritte vom Anbau der Baumwolle bis zum fertigen Textil kontrolliert und begutachtet
Fair Wear Foundation
berücksichtigt Umweltaspekte und Arbeitsbedingungen auf Baumwollfeldern, sichert faire Bedingungen in Bekleidungsindustrie und dass innerhalb der Lieferkette alle ethischen / sozialen Standards eingehalten werden
Das Thema „Mindestlohn“ ist eine schwierige Sache, weil das in den meisten Fällen nicht ausreichend ist. In ganz vielen Ländern ist die Diskrepanz zwischen Mindestlohn und Existenzminimum (also das Geld, das gebraucht wird, um Wohnung, Essen, Bildung, Transport, Gesundheitswesen, und co zu finanzieren, sodass man wirklich von seiner Arbeit leben kann) sehr hoch. In Sri Lanka zum Beispiel ist der Mindestlohn 50€ im Monat, das Existenzminimum jedoch 260€. Wie soll das funktionieren? Es ist dann zwar schön und gut, dass Firmen den Mindestlohn zahlen, leben kann der Mensch dann davon trotzdem nicht.
Tipps, wie man alte Kleidung gut verwerten kann
Alte Kleidung zu „verwerten“ ist ökologisch gesehen immer am sinnvollsten. Second Hand, auch wenn es Second Hand von Fast Fashion Marken ist, ist ökologisch gesehen immer noch besser als Fair Fashion neu zu kaufen. Jedes neu produzierte Kleidungsstück braucht enorm viel Ressourcen (Wasser, Geld, Zeit) – egal ob fair produziert oder nicht fair.
Möglichkeiten, mit alten Kleidungsstücken umzugehen:
Umschneidern wenn zu klein/groß/Schnitt nicht mehr gefällt – ist zwar oft nicht günstig, aber es wird keine neue Ressource verbraucht und man hat quasi ein „neues Kleidungsstück“, das wieder passt und gefällt daheim – ich lasse zum Beispiel immer wieder Pullis umändern oder lasse gerade mein Hochzeitskleid in etwas ändern, das ich öfter tragen kann als nur zu einem Anlass
Reparieren wenn etwas kaputt oder löchrig ist – es gibt auch Marken, die einen lebenslangen Reparaturservice anbieten (hier erkennt man zum Beispiel auch wieder, dass einer Marke die Umwelt am Herzen liegt, und sie lieber wollen, dass man etwas von ihnen repariert, als wieder nur Neues zu kaufen)
Kleidung tauschen mit Freunden, Bekannten oder Fremden – entweder im kleinen Kreis oder auch größer aufgezogen auf Kleidertauschpartys
Flohmärkte nutzen um Kleidung zu verkaufen – so hat jemand anderes Freude mit deinem Kleidungsstück und deine Hose, dein Pulli, dein Shirt bekommen quasi ein „zweites Leben“
Kleidung spenden – aber bitte immer erst erkundigen ob und was wirklich gebraucht wird und nicht einfach so aus Lust und Laune deine alten, vielleicht sogar dreckigen oder kaputten Dinge, wo abladen mit dem Motto „aus den Augen aus dem Sinn“. Einige Ländern haben mittlerweile auch den Import von Altkleidern beschränkt oder sogar verboten. Es ist also nicht so, dass jeder immer und ungefragt deine Kleidung haben will und du, sobald du Kleidung in die Altkleidersammlung schmeißt, „Gutes tust“. Einfach hinterfragen und nachfragen: Die Gruft in Wien sucht zum Beispiel fast jeden Winter warme Mäntel und Decken, Frauenhäuser freuen sich meistens über Wäsche und frische Hygieneprodukte.
Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft
Laut Greenpeace kauft jeder Österreicher, jede Österreicherin jährlich mindestens 50 Kleidungsstücke – die Hälfte davon wird selten oder nie angezogen und schließlich weggeworfen. Alleine in Europa werden jährlich knappe 6 Millionen Tonnen Kleidung weggeworfen. Und auch das ist wieder problematisch. 60 Prozent konventioneller Kleidung besteht aus Polyester, bei dessen Produktion 3x mehr Treibhausgas entsteht als bei der Produktion von Baumwolle. Die Auswirkung von Treibhausgasen auf die Umwelt und somit den Klimawindel ist uns bekannt. Die Mikrofasern aus der Polyesterkleidung verschmutzen unsere Gewässer und landen im Meer (ich verwende für dieses Problem zum Beispiel den Guppyfriend – ein Beutel der Mikroplastik beim Waschen der Kleidung rausfiltert und quasi im Beutel behält anstatt über das Abwasser abzulassen). Bei Mischfasern, also zum Beispiel Polyester-Baumwollgemischen oder Baumwoll-Elasthan-Gemischen ist wieder die Problematik, dass diese nicht aufgespalten, nicht effektiv recycelt werden können, und somit quasi für immer in irgendeiner Weise da draußen existieren. Deshalb versuche ich eher Kleidungsstücke aus 100% Baumwolle, oder 100% recyceltem Polyester zu kaufen und keine Mischgewebe zu unterstützen – ist aber leider auch nicht immer so einfach und gelingt mir nicht immer.
Gibt es Dokumentationen zum Thema, die du empfehlen kannst?
True Cost – The Deadly Cost of Fashion (Netflix)
Rana Plaza Collapse Documentary (Youtube)
Udita (Youtube)
Hast du Tipps für Fair Fashion Marken?
Ja, en masse. Hier findet ihr meine Fair Fashion Linkliste, die ihr immer aufrufen könnt und auf der ihr zu jedem einzelnen Thema Marken und Shops findet, die einen verdammt guten Job machen.
Und jetzt?
Das Thema Fair Fashion oder eigentlich Leben-und-leben-lassen-allgemein ist ein Kreislauf. Konsumenten und Konsumentinnen wollen nicht mehr für ihre Kleidung zahlen – warum sollte dann der Produzent (wie H&M, Primark oder Zara) den Arbeitern und Arbeiterinnen mehr zahlen wollen? Die Kette beginnt immer beim Konsument, bei dir und bei mir – wir, die bereit sein müssen, für unsere Kleidung auch einen gerechten Preis zu zahlen. Was mir geholfen hat, den Schritt zu gehen, und was mich auch heute immer noch daran erinnert, wenn ich in Versuchung komme, Fast Fashion neu zu kaufen: Irgendjemand zahlt immer den Preis für deine Kleidung. Wenn nicht du, dann derjenige, der deine Kleidung herstellt.
7 Kommentare
Hallo:) Magst du verraten, wo du deine tollen goldenen Ohrringe her hast? Ich glaube, dass du das schonmal verraten hast, aber ich finde dazu einfach keinen blogpost oder insta-post.
Liebe Grüße =)
Die habe ich in New York bei Amour Vert gekauft! :)
Danke Angie für diesen tollen Beitrag! Kennst du Fair Fashion Marken, die jetzt schon Sommerkleider oder Strandmode vertreiben? Liebe Grüße, Sarah
Durch dich bin ich auf das Thema „Fair Fashion“ gestoßen und kaufe seit circa 1 Jahr überwiegend second-hand Mode.
Allgemein finde ich, dass es in der Modebranche an Transparenz bezüglich den Produktionsbedingungen mangelt.
Wünschenswert wäre es, dass sich dabei etwas ändert, aber dafür verschließen noch viel zu viele Leute die Augen vor der Wirklichkeit :/
Ja, du sagst es!
Sehr cooler Beitrag Liebes! <3
Liebe Grüße, Sandra / https://shineoffashion.com
Danke Sandra!