Wann bin ich eigentlich so erwachsen geworden? Erst letztens, als ich mich über den Launch meines ersten Backbuchs gefreut habe, ist mir bewusst geworden, wieviel ich die letzten Jahre gearbeitet habe und wie erwachsen ich eigentlich geworden bin. Ich hab geschrieben, dass ich seit Monaten das erste Mal in der Früh bis kurz vor zehn im Bett gelegen bin – in Wahrheit gab’s nämlich keinen Tag an dem ich nicht, zumindest für ein paar Stunden, gearbeitet hab. Und meine Freunde werden sagen, so bin ich. Ich bin halt einfach ein Arbeitstier und wenn ich etwas gefunden habe, das mir Spaß macht, wo ich mit Leidenschaft dabei bin, dann mach ich das gerne 24/7, ohne Rücksicht auf Verluste. Und ja das bin ich.
Aber dann frag ich mich wieder, wo das junge, unbeschwerte Mädel hin ist, das gerne bis fünf Uhr in der Früh aus war, auch mal ein paar Tage lang das Bett nicht verlassen hat und keine Verantwortung übernehmen wollte. Ist’s einfach, weil ich älter geworden bin? Ist’s, weil ich einen älteren Freund hab – oder überhaupt einen Freund hab? Weil ich bereit bin, Verantwortung zu übernehmen? Oder auch einfach, weil ich dieses Mädchen nicht mehr sein will? Aber was will ich dann überhaupt sein? Und wann ist das passiert?
Zukunftsängste?
Momentan, oder eigentlich schon seit ein paar Monaten, hab ich ein bisschen Zukunftsängste – wenn man’s so nennen will. Seit ich weiß, dass ich in ein paar Monaten mein Studium sicher beendet hab und mir darüber im Klaren bin, dass ich danach einmal ungebunden und frei für allerlei Entscheidungen bin, zweifle ich oft. Ich zweifle an dem, was ich geworden bin, ich zweifle an dem, was ich tue – und nur zu oft wünscht’ ich mir die unbeschwerte Angie zurück. Die, die sich nicht mal um morgen Gedanken macht, keine Ahnung hatte, was die Zukunft bringt, damit aber auch keine Probleme hat. Der egal ist, ob morgen Mittwoch oder Donnerstag ist und die gerne zum Frühstück schon Käsleberkässemmeln isst. Die, die nicht wusste, was mal aus ihr werden soll, der es aber auch egal war.
Ich bin jetzt an einem Punkt, an dem ich Entscheidungen treffen muss – und dafür bin ich einfach noch nicht bereit. Ich hab die letzten Jahre so hart gearbeitet, damit ich heute da stehe, wo ich eben stehe. Alle glauben immer, alles ist nur Spaß, Freude, Einhörner malen und eigentlich fällt Bloggern sowieso immer alles in den Schoß. Bullshit. Ich hab dafür irrsinnig viel geopfert – vor allem Zeit, aber auch Freundschaften und – Gedankenlosigkeit. Ich hab vor drei Jahren aufgehört, Alkohol zu trinken und kann heute die Male in den letzten drei Jahren, an denen ich Alkohol getrunken habe (auch wenn’s nur ein Radler war) an einer Hand abzählen. Ich bin froh über meine Entscheidung. Ich bin produktiver, mir geht kein Folgetag durch den Kater verloren und ich kann mich immer daran erinnern, was ich tue. Aber manchmal vermiss ich das Gefühl – dieses „einfach mal alles vergessen und den Moment genießen“. Das ist nämlich eins meiner Probleme – dass ich noch nicht gelernt habe, wie das mit dem Abschalten funktioniert.
Wann bin ich so erwachsen geworden?
Ich nehm mir so oft vor, weniger am Handy zu sein, den Laptop auch mal abgedreht zu lassen, aber irgendwie schaff ich’s dann doch nur selten. Und dieses Gefühl, dieses „ich weiß drei Tage lang nicht wo mein Handy ist und es ist mir auch egal weil ich hab weder Instagram noch Facebook und eigentlich will ich gerade nur die Zeit mit diesem heißen Typen im Bett genießen“ fehlt mir. Diese Gefühle, die ich mit 18 hatte und seitdem nicht mehr. An manchen Tagen will ich wieder 18 sein. Will in die Zeit zurück, als meine einzige Sorge war, ob ich’s noch rechtzeitig auf schaffe, bevor der Supermarkt schließt. Und dann aber irgendwie doch nicht. Irgendwie freu ich mich, dass meine Sorgen jetzt bedeutsamer sind und dass ich in den letzten fünf Jahren etwas aus meinem Leben gemacht hat, etwas, für das es sich auszahlt aufzustehen. Ich freu mich, dass ich für das, was ich mache, geschätzt werde, dass ich Menschen mit meinen Worten helfen kann, dass junge Mädels zu mir aufsehen. Ich freu mich, dass ich daheim Hund und Freund habe und dass ich Verantwortung habe und meine Taten auch immer Konsequenzen nach sich ziehen. Ich freu mich, dass ich nicht mehr der Mensch bin, der ich mit 18 war, oder mit 20 oder mit 22. Vielleicht weil ich alt geworden bin. Vielleicht, weil ich langweilig geworden bin. Vielleicht aber auch einfach, weil ich erwachsen geworden bin – und wir uns alle irgendwann damit abfinden müssen, dass wir erwachsen werden. Und weil Veränderung gut ist.
12 Kommentare
Ich lese echt gerne deine Blogposts, aber dieser hier hat es mir wirklich angetan. So ehrlich und denkt zum Nachdenken an! Mach weiter so, Angie!
Ich kann deinen Text so gut nachvollziehen. Ich habe dieses Jahr meine Ausbildung absolviert und arbeite jetzt in dem Beruf, aber möchte in diesem Beruf definitiv nicht lange arbeiten und weiß momentan nicht wie die Zukunft weitergehen soll. Ich finde 20-25 ist sowieso ein total mieses Alter. Man sollte einerseits erwachsen sein, genau wissen was mach will, andererseits aber auch noch das innere Kind rauslassen und unbeschwert sein. Es ist einfach nur verwirrend und beängstigend. Man ist froh darüber, was man erreicht hat, aber möchte dann doch gerne nochmal 16 sein und die ganze Verantwortung abgeben.
Zum Glück findet man seinen Weg irgendwann. :) ♥
Sehr schön geschrieben :) Ich glaub irgendwann geht es den meisten so, ich hab auch grad eine ganz intensive Phase, wo ich meinem alten Ich nachtrauer und Gleichzeit sehr, sehr glücklich bin, wo ich jetzt bin. Ich denke, das wichtigste ist, dass man sich selbst treu bleibt, egal in welche Richtung man sich entwickelt und immer ein gewisses Mittelmaß erhalten kann. Erwachsen werden ist sicher etwas durchaus positives, solange man das innere Kind nie ganz verliert.
achja und das mit der Käsleberkässemmel kann ich einfach SO GUT nachvollziehen – ging mir früher auch so und heute bin ich Veganerin .. haha
Alles Liebe,
Miriam
Liebe Angie,
Ich mag deine Beiträge wirklich gerne und kann sehr gut nachvollziehen, dass man sich manchmal in die unbeschwerte Kinder- und Jugenzeit zurück wünscht. Umso älter man wird muss man mehr und mehr Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen – ob man’s will oder nicht. Dem gegenüber bin ich manchmal genauso ambivalent wie du.
Auf der anderen Seite ist es sicherlich auch etwas anderes, das Handy einfach mal liegen zu lassen, wenn man nunmal mit Instagram und dem Blog sein Geld verdient wie du das tust, weswegen mich dieser Satz zum Thema heisser Typ und Handy etwas hat schmunzeln lassen. Bloggen ist aus meiner Erfahrung heraus ein sehr komfortabler Beruf (schliesslich ist man sein eigener Chef, macht etwas, wofür man brennt etc). Damit möchte ich die Arbeit die man hat nicht kleinreden, denn es ist durchaus auch ein anstrengender Job, keine Frage. Aber er beinhaltet nunmal auch, dass man stärker an soziale Medien, Handy und Co gebunden ist.
Ich glaube die Ambivalenz die du beschreibst kennt jeder Heranwachsende. Man denkt sich oft wie erwachsen man geworden ist um dann einige Zeit später zu merken wie viel man doch noch zu lernen hat und wie weit man entfernt ist vom Erwachsensein, wie stark man immer noch nur um sich selbst oft kreist.
Liebe Angie, ich habe das Gefühl, dass du mir aus tiefster Seele sprichst! Ich habe auch in letzter Zeit vermehrt mit solchen Fragen und Gedanken zu kämpfen. Ob ich schon bereit bin oder mich eigentlich lieber wieder wie vor einigen Jahren einfach unter der Bettdecke verkriechen und die Welt ausblenden will. Ich glaube tatsächlich, dass wir irgendwie erwachsen geworden sind bzw wahrscheinlich eher noch mitten in diesem Prozess stecken. Deshalb zögere ich auch ab und an. Weiß nicht, ob ich wirklich so reif sein will, so verantwortungsbewusst. Es fühlt sich gut und richtig an, aber diese Yolo-Einstellung war auch irgendwie schön.
Wir wachsen mit unseren Aufgaben und müssen die Balance finden. Und ich denke, wir schaffen das. Du hast dir etwas ganz Tolles aufgebaut und arbeitest so hart dafür. Gönn dir deine Auszeit, aber wenn es dir nicht behagt, dann überforder dich damit nicht zu sehr. Du wirst deinen Weg gehen, mach weiter so! ♥
Liebe Grüße
Anne
PS: Sorry für den Roman ;)
Das ist wirklich ein sehr schöner und bedeutender Blogpost.
Ich kann deine Sorgen total nachvollziehen! Vorallem wenn man vor so großen Entscheidungen steht, dann wächst das einem leicht über den Kopf. Du kannst so stolz auf dich und was du dir erarbeitet hast sein! Du bist wirklich eine riesen Inspiration und ich folge dir sehr sehr gerne :) Klar war das Leben damals etwas unbeschwerter, aber du stehst nun mit beiden Beinen fest im Leben und das ist wichtig. Ab und an darf man aber trotzdem aus der Reihe tanzen und kindlich sein – sonst verödet man im Alltag ^^ Ich bin zum Glück auch nicht mehr die, die ich mit 18 war. Habe viel dazu gelernt, mich sehr entwickelt. Ich bin jetzt 21 und bin mir sicher, dass ich in zwei Jahren nochmal eine komplette Wandelung machen werde!
Aber egal welchen Weg du gehen wirst, es wird der Richtige sein! Hauptsache du gehst ihn mit deinem ganzen Herzen <3
Liebe Grüße,
Nina
Ich glaube das, wovon du schreibst ist nicht das “alt” werden. Du bist nicht alt. Und ich kenne Leute die mind. 10 Jahre älter sind als du und die trotzdem die Nacht durch machen und trotzdem “erwachsen” sind an den anderen Tagen. Man kann auch als Erwachsener mal den ganzen Tag im Bett bleiben.
Du bist noch soooo jung und “alt” gehört gar nicht in diesen Beitrag. Sicher, du hast dich verändert, aber im besten Fall tun wir das alle, denn Stillstand ist der Tot. Nehm das alles an und freue dich auf all die tollen Eigenschaften die du aus deinen Erfahrungen mitnehmen konntest. Das einzige, das du wirklich mal machen musst ist Handy weg und Gedanken aus ;-)
Oh das ist so ein wunderbar ehrlicher Beitrag. Er überwältigt mich gerade, finde mich in einigen Gedanken Gängen wieder, sprichst mir so aus der Seele. Wünsche mir manchmal meinen Kopf einfach ausschalten zu können und nicht immer so weit zu denken wollen Danke du mit den Worten “aber Veränderung ist gut” abgeschlossen hast. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend.
Lea
Toller Beitrag liebe Angie, ganz ganz wunderschöne Bilder und tolle Worte. Wunderschön geschrieben wie immer. <3
Liebe Grüße, Sandra
Schöner Beitrag und so ehrlich geschrieben. Zudem ein Thema dass mich auch gerade beschäftigt…
Ich liebe deine Texte einfach! <3
hallo angi, ich geb dir da in manchen punkten recht, allerdings nicht in allen. ich finde egal wie alt man ist, manchmal muss man schon raus und alles vergessen, das Handy ein paar Tage lang ausschalten, feiern gehen, auch mal mit einem Kater einen Tag lang im Bett verbringen und so die Zeit mit Freund genießen. Das ist schon auch was verdammt schönes und man sollte das Leben nicht Tag für Tag zu streng nehmen, denn man hat es nur ein mal :) aber hey, ich mag deinen blog sehr gern das weisst du ja, ich seh das nur etwas anders. 💕💕 vivi