Am I enough?

Am I enough?

Ich bin ein durchwegs positiver, optimistischer und fröhlicher Mensch, eigentlich. Warum plagen mich also heute schon den ganzen Tag so negative Gedanken? Warum glaub ich auf einmal, dass ich nicht gut genug bin, dass ich noch mehr geben muss, und dass Natürlichkeit auf einmal nicht mehr ausreicht?
Die Blogger Welt ist mit richtig viel Druck verbunden – nein, eigentlich nicht nur die Blogger Welt, sondern die Welt an sich. Ständig sieht man perfekt aussehende Gestalten, die mit einem Lächeln in ihrem weißen, sauberen Bett aufwachen, mit perfektem Teint, ohne Augenringe, ohne Falten, der Bauch ist definiert, die Brüste sind straff und von Ansatz im gefärbten Haar ist nicht die geringste Spur zu sehen. Ich bin nicht so. Das weiße Bett ist schon lange nicht mehr weiß, seit 2 Hunde ihre Nächte darin verbringen. Wenn ich aufwache sind erstmal die Augen verklebt, weil der Sandmann mir in der Nacht (gottseidank!) einen Besuch abgestattet hat. Die Schatten unter den Augen werden dunkler, weil ich wieder mal bis 2 in der Nacht vorm Laptop gesessen bin, und gearbeitet habe. Und so wie sich die Nächte vorm Laptop momentan häufen, so häufen sich auch die Augenringe. Um 7 Uhr in der Früh putzmunter aus dem Bett hüpfen, voller Energie und Elan, in unstillbarer Vorfreude und Neugier auf den Tag? Fehlanzeige. Nicht falsch verstehen, ich freu mich auf jeden Tag, jedes neue Erlebnis und jedes neue Abenteuer, dass ich (unter anderem durchs Bloggen) erleben darf. Aber heute bin ich einfach nur müde, und will das auch zeigen dürfen. Mein Bauch ist nicht mehr so definiert wie vor ein paar Monaten – Weihnachtskeksen, kalten Temperaturen und zu viel Arbeit sei Dank. Die paar Sonnenstunden am Tag habe ich in letzter Zeit lieber zum Fotografieren, Arbeiten und mit dem Hund rausgehen, genutzt, als laufen zu gehen. Was ist überhaupt laufen gehen? Monatelang war ich schon nicht mehr draußen laufen, aus Angst ich würde die vorhandenen Knieschmerzen noch verstärken. Und das bisschen Sport, was ich daheim gemacht habe, hat gerade mal ausgereicht, um nicht großartig viel zuzunehmen. Die Definition am Bauch ist momentan halt einfach weg. Eigentlich gar nicht schlimm, oder? Aber dann sehe ich wieder super schön definierte Körper, im Fernsehen, auf Instagram, und denke mir, diese Definition hätte ich auch haben können, hätte ich meine Prioritäten anders gesetzt. Aber ein gut definierter Körper sollte doch auch bei Gott nicht Priorität Nummer eins sein. Oder? Wie gern würde auch ich weit ausgeschnittene Kleider ohne BH tragen können – oder im Sommer Triangl Bikinis ohne Körbchen und Stütze ausführen können. 25 Kilo Gewichtsabnahme sei Dank, dass ich das heute nicht kann. Ich bin zwar erst 21 Jahre alt, aber 21 Jahre, in denen ich meinem Körper viel angetan habe. Mit Sport habe ich erst spät angefangen, ich habe immer schon sehr viel Zucker gegessen, und habe sehr viel abgenommen – mein Bindegewebe ist also bei Gott nicht das Beste und meine Brüste sind (leider) nicht mal so straff wie bei manchen 35- Jährigen, die nicht erst mit 19 angefangen haben, auf ihren Körper zu achten. Keine Angst, ich würde mich nie unters Messer legen, aber müsste ich mir eine Schönheitsoperation aussuchen, die ich machen müsste, wäre das definitiv eine Bruststraffung. Aber nicht unbedingt, weil ich von Grund auf unzufrieden mit meinen Brüsten bin, sondern weil einem von den Medien tagtäglich vorgegeben wird, wie „perfekte“ Brüste auszusehen haben. Und nein, so schauen meine ganz bestimmt nicht aus.

Aber warum sind Frauen eigentlich nie 100% zufrieden mit ihren Körpern? Ich würde behaupten, dass ich noch eine der Frauen bin, die zu den zufriedeneren gehört. 99% der Zeit will ich an meinem Körper rein gar nichts ändern. Aber ab und zu plagen mich dann halt doch so Gedanken, wie heute. Jetzt stellt euch mal vor, wie es Frauen gehen muss, die jeden Tag solche Gedanken haben, die sich jeden Tag unwohl in ihrem Körper fühlen und die für eine Schönheitsoperation sparen, anstatt an ihrer grundsätzlichen Einstellung etwas zu ändern. Wie schlimm muss es für diese Frauen sein, tagtäglich mit angeblich perfekten Frauenkörpern in der Werbung konfrontiert zu sein? Wie schaffen diese Frauen, mit ihrem Kummer umzugehen, wenn sie nicht, wie ich, ihre Gedanken einfach von der Seele schreiben können? Und wie traurig ist es eigentlich, dass auch die Frauen in der Werbung nicht 100% zufrieden mit ihren Körpern sind, dass sogar diese Frauen, die von Millionen von Frauen als Vorbild hergenommen werden, an manchen Tagen aufwachen, und sich einfach unwohl in ihrer Haut fühlen?

Warum können wir Frauen nicht einfach zu 100% glücklich in und mit unserem Körper sein? Warum immer nur bestenfalls zu 99% aber nie die vollen hundert? Wie würde ein Leben ohne Werbung, Fernsehen, Magazinen, Social Media oder allgemein ohne Idealen, die einem vorgeben, wie man auszusehen hat, um der größten Masse an Menschen zu gefallen, aussehen? Wären wir Frauen glücklicher? Oder würden wir nur einen anderen Punkt finden, mit dem wir unzufrieden sind?
Ich glaube, dass es okay ist, immer mal wieder unzufrieden mit sich selbst zu sein – solange diese Gedanken nur einen Mini Bruchteil deines Lebens ausmachen. Kein Filmstar oder Social Media Sternchen auf der Welt hüpft jeden Morgen aus dem Bett, voller Euphorie und Selbstliebe ohne auch nur die winzigste Kleinigkeit an sich selbst zu kritisieren. Dennoch ist es wichtig, sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass man nicht wie diese Menschen sein muss, um ins Bild zu passen. Man muss in Wahrheit nämlich überhaupt nicht ins Bild passen.

Jede einzelne Frau da draußen, ihr alle, seid einzigartig und wunderbar, solange ihr mit euch selbst im Reinen seid. Ein scheiß Charakter macht jeden noch so schönen Menschen hässlich. Genauso macht jede schöne Seele aber auch jeden Menschen schön, lasst ihn von innen heraus strahlen. Versucht immer, diesen inneren Glanz nach außen hin zu tragen – und ihr werdet anderen in Erinnerung bleiben. Nicht, weil euer Haar weicher, euer Hintern größer, euer Bauch definierter oder eure Haare länger sind, als von eurer absoluten Traumfrau, sondern weil wahre Schönheit nicht von außen kommt, sondern von innen. Es ist halt wirklich so. Solange dein Herz groß und dein Lachen echt ist, bist du genug. Du, ich, das Mädchen vom Haus nebenan, wir sind alle gut genug.

I am enough.

You are enough. You are so enough. It is unbelievable how enough you are.”

– Sierra Boggess