Was mich dazu angestiftet hat, erneut einen sehr persönlichen Blogpost zu verfassen? Eine Situation vor ein paar Wochen, die mich zum Nachdenken angeregt hat, und mich (unnötigerweise!) für ein paar Momente komplett aus der Bahn geworfen hat und ich mich heulend auf dem Bett wiederfand.
Aber Stopp, ich fange einmal von vorne an.
Wie ihr vielleicht wisst (wenn nicht, dann bitte hier nachlesen – die ganze Geschichte neu zu erzählen würde etwas lang dauern) habe ich im Jahr 2012 durch eine Ernährungsumstellung und viel Ausdauertraining 20 Kilo verloren. Ich war schlank, aber von Muskeln war keine Spur zu sehen. Ich habe mich damals zur Gänze neu eingekleidet, meine ganzen alten Sachen haben mir ja nicht mehr gepasst. Im Jahr 2014 habe ich langsam angefangen mit Krafttraining und habe so meinen Körper immer mehr verändert. Da Muskeln, dort Muskeln, da mehr Masse, dort breiter – wie das eben so ist, wenn man fleißig trainiert. Vor ein paar Wochen habe ich meine alten Jeans-Shorts vom Vorjahr probiert und siehe da – sie haben beim besten Willen nicht gepasst.
Und was mache ich?! Hormongesteuert zuerst einmal einen großen Heulanfall bekommen, alle um mich herum beschimpfen und den Kopf im Kissen vergraben. Häh?! Warum jetzt?! Tja, das habe ich mich eine Stunde später selbst auch gefragt.
Fakt ist, ich habe Masse zugelegt und habe eine andere Statur als noch vor 2 Jahren. Ja, ist ja auch logisch, werden jetzt einige von euch denken. Und JA, es ist wirklich logisch. Wenn man so intensiv und konsequent trainiert, wie ich im letzten Jahr, ist es wohl kaum verwunderlich, wenn man an Masse zulegt. Ich habe keine Wespentaille mehr, sondern bin obenrum etwas breiter und habe keine Storchenbeine mehr sondern richtig schön definierte trainierte Oberschenkel. Und warum stört mich das jetzt auf einmal?
Neunundneunzig Prozent der Zeit stört es mich nicht. Ich liebe meinen Körper, ich liebe jeden Zentimeter, jeden Muskel, jede Narbe. Und das eine Prozent, die Tage, an denen ich mich in meinem Körper nicht wohlfühle, an denen ich mir meine zierliche schmale Figur zurückwünsche, oder einen durchtrainierteren Bauch, daran arbeite ich. Diese Gedanken sind Überbleibsel aus der Zeit, in der ich permanent unzufrieden mit meinem Körper war und so etwas wie Selbstvertrauen nicht hatte. Ich glaube jede Frau hat hin und wieder Selbstzweifel – so sind wir einfach gestrickt. Normalerweise spricht man halt nicht darüber – aber warum mach ich das jetzt eigentlich gerade?
Ich will immer 100% ehrlich zu euch sein, ich will nichts schön reden, was nicht schön ist, und ich will euch vor allem Mut machen. Mut, indem ich euch sage – es geht allen so, auch wenn es in der schönen Instagram-Welt bei den durchtrainierten Instagram Fitnessgirlys vielleicht nicht so scheint als würden sie je an sich zweifeln und als wäre alles perfekt. Und deshalb sage ich euch jetzt, obwohl ich vielleicht auch ein trainiertes Instagram Fitnessgirly bin – auch ich habe manchmal noch Selbstzweifel, auch ich habe Momente, in denen ich an dem Weg, den ich eingeschlagen habe, zweifle. Und jetzt kommt plötzlich – ohne viel Drumherumreden, eine Wende der ganzen Geschichte.
“What if you wake up some day, and you’re 65, or 75, and you never got your memoir or novel written; or you didn’t go swimming in warm pools and oceans all those years because your thighs were jiggly and you had a nice big comfortable tummy; or you were just so strung out on perfectionism and people-pleasing that you forgot to have a big juicy creative life, of imagination and radical silliness and staring off into space like when you were a kid? It’s going to break your heart. Don’t let this happen.”
(Anne Lamott)
Ich bekomme in der Woche viele Emails von Mädels, die sich in ihrem Körper nicht wohl fühlen. Und was machen diese Mädchen dann? Dem Körper genau das entziehen, was er braucht um gesund zu bleiben und zu funktionieren – frische, ausgewogene Ernährung. Es macht mich wirklich verdammt traurig, wenn mir eine Freundin erzählt, sie esse jetzt nur noch 500 Kalorien am Tag – um ein bisschen abzunehmen. Oder wenn ich zu lesen bekomme, dass ein Mädchen schon 3 Tage vor einer großen Familienfeier das Essen auf ein Minimum beschränke – damit sie danach nicht zunimmt. Oder wenn sich schon wieder jemand seinen Stoffwechsel zur Gänze mit Low Carb Ernährung kaputt macht.
Unser Stoffwechsel ist ein kleines Wunder – jeder, der sich mit dem menschlichen Körper etwas auskennt, und weiß, wie der menschliche Organismus “funktioniert” wird das nicht dementieren (Danke, Physiologie Vorlesung). Leider weiß man das meist erst zu schätzen, wenn man sich den Stoffwechsel durch irgendeine bescheuerte Diät schon ruiniert hat. Ich habe mir meinen Stoffwechsel nicht selber ruiniert, er wurde mir ruiniert – sozusagen. Durch meine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse wird die Schilddrüse so angegriffen, dass sie komplett umgebaut wird und irgendwann gar nicht mehr funktioniert – man hat also so gut wie keine Stoffwechselfunktion mehr. Muss man dann für den Rest seines Lebens Tabletten einnehmen, die eben jene Funktion ersetzen, weiß man erst die Wichtigkeit des eigenen Stoffwechsels zu schätzen.
Warum machen sich aber so viele junge Mädchen durch einseitige Ernährung und Diäten ihren Stoffwechsel kaputt? Weil sie sich in ihrem eigenen Körper nicht mehr wohl fühlen – und genau das ist der Punkt, an dem man ansetzen muss.
Mädels, wir sind ALLE toll! Ganz egal ob mit fünf Kilo mehr auf den Rippen oder fünf Kilo weniger. Ich persönlich finde es extrem schade, dass sich heute so viele nur über ihr Gewicht oder ihre Figur definieren.
Gibt es nicht viel mehr im Leben? Ist es nicht viel wertvoller, Freunde und Familie zu haben, die einen wegen der Persönlichkeit schätzen, anstelle der Figur? Ist es wirklich so wichtig, sich über die paar Kalorien, die bei einem Familienessen mehr auf den Tellern sind, Gedanken zu machen – anstelle die Zeit miteinander einfach zu genießen?
Zeit ist das kostbarste Gut der heutigen Zeit – und sie vergeht viel zu schnell. Irgendwann wird die eigene Zeit auf unserer schönen Erde verstrichen sein – willst du dir dann selbst eingestehen müssen, dass du dich die Hälfte deines Lebens nur mit dem Kalorienzählen und der Angst vor dem Zunehmen beschäftigt hast?
“Naja, du kannst ja leicht reden, du bist ja nicht mehr dick” – bekomme ich dann öfters zu hören. Ja es stimmt, ich bin nicht mehr dick. Die Betonung liegt aber für mich auf genau diesem “nicht mehr”. Ich habe selbst abgenommen, ich weiß, dass es schwer ist, ich weiß, dass es hart ist, ich weiß, dass man alleine nicht leicht aus diesem ganzen “Ich bin zu dick, ich darf nichts mehr essen” Denken herauskommt.
Und genau deswegen schreibe ich euch jetzt diese Worte, um euch zum Nachdenken anzuregen.
Genau deswegen zeige ich euch auch auf Instagram, dass man, auch wenn man viel Gewicht abgenommen hat, nicht jede Erbse einzeln abzählen muss, um das Gewicht zu halten.
Man muss sich nach einer Gewichtsabnahme (die durch viel Sport und bewusstere Ernährung erfolgt ist) nicht monatelang danach noch Low Carb ernähren, um kein Gramm zuzunehmen. Der Jojo- Effekt kommt doch hauptsächlich nur von diesen blöden (Entschuldigung) einseitigen Diäten, wo die Kalorienzufuhr einfach mal auf 800 Kalorien runter geschraubt wird.
Meiner Meinung nach ist es das Wichtigste einfach auf seinen Körper zu hören. Man muss sich doch nicht haufenweise Chia Pudding reinschaufeln, weil es eben gesund ist, obwohl einem Chia Pudding gar nicht schmeckt. Auf der anderen Seite ist es auch nicht gerade empfehlenswert 3 Päckchen Kekse auf einmal zu essen, weil man glaubt, der Körper braucht das gerade. Lernt die Signale eures Körpers zu deuten und auch auf sie zu hören – euer Körper wird es euch danken.
Nur dadurch, dass ich meinen Körper in- und auswendig kenne, merke ich sofort, wenn irgendwas nicht stimmt. Und nur so, habe ich damals die Schilddrüsenkrankheit noch in einem Stadium erkannt, wo man den anfänglichen Symptomen entgegenwirken konnte, bevor sie komplett Herr über meinen Körper wurde.
Ich will euch jetzt gar nicht sagen ihr müsst unbedingt Schokolade essen um glücklich zu sein. Ich halte selber meine Hauptmahlzeiten fast immer gesund, und gönne mir lieber zwischendurch mal etwas. Ich will euch eigentlich nur klar machen, dass man vor Essen keine Angst haben braucht. Ihr werdet von einem Stück Schokolade bestimmt nicht zunehmen, und es wird euch in eurem Training auch nicht 3 Monate zurückwerfen. Ihr sollt euch nur bitte, bitte nicht euren Stoffwechsel kaputt machen – dazu ist er nämlich viel zu schade. Esst, esst frisch, esst gesund, esst viel, und wenn ihr Lust und Bedürfnis auf etwas Süßes habt, macht euch doch nicht selbst so fertig. Lernt euren Körper kennen, und was noch viel wichtiger ist, lernt ihn verdammt nochmal endlich zu lieben!
“… and if I asked you to name all the things you love, how long would it take to name yourself?”
9 Kommentare
Wow! Ich bin echt begeistert! Ich liebe ja sowieso deinen Blog und vor allem deine Kategorie Inspiration & Thoughts! Du sprichst mir mit diesem Beitrag echt aus der Seele & hast mir auch schon mit dem Post übers glücklich sein sehr geholfen, da es mir momentan nicht ganz so gut geht! Ich zähle im Moment auch meine Kalorien mit einer App, um ein wenig Fett abzubauen, allerdings bin ich da denke ich in einem gesunden Rahmen mit 1800 Kalorien…trotzdem kommt es manchmal (heute ist so ein Tag) vor, dass ich bedrückt bin wenn ich zu viele Kohlenhydrate gegessen habe…ich arbeite daran & dein Post hat mir echt geholfen! Danke! :)
Es freut mich so, wenn ich andere inspirieren kann. Ich hab genauso schlechte Tage – wichtige ist nur, sich von diesen Tagen nicht bestimmen zu lassen. Morgen schaut die Welt meistens schon wieder ganz anders aus! :)
[…] 3: Warum nicht alles ist, wie es scheint, und warum Frauen endlich anfangen sollten, sich selbst zu lie… Ein ganz, ganz wichtiger persönlicher Beitrag über Selbstliebe- und Selbstakzeptant. Übers […]
wunderbarer beitrag, du sprichst mir aus der Seele ???? ich fühle mich ganz genau so! am schlimmsten in der momentanen sportpause… aber der Artikel hilft gerade ein wenig
Danke für die lieben Worte!
Ich hoffe für dich, die Sportpause ist jetzt schon vorbei?
Hab einen schönen Tag!
Richtig guter Beitrag!
vielen lieben Dank! :)
Sehr schöner Beitrag :)
Danke, wie lieb von dir! :)